Paulusgrab
Paulusgrab






 

Das Paulusgrab

In St. Paul vor den Mauern, Rom.

Jetzt hier: alle Meldungen zur Entdeckung des Paulusgrabes!

  

Das Paulusgrab unter dem Papstaltar von St. Paul vor den Mauern: Gesamtansicht, Blick auf die Marmorplatte mit der Inschrift "PAULO APOSTOLO MART.", Detailansicht des darunterliegenden Paulus-Sarkophages.

7.7.2009:

Papst-Sprecher kommentiert Paulusgrab-Fund

Die Stadt Rom ist nicht etwa deshalb der Mittelpunkt der Christenheit, weil sie die Hauptstadt des römischen Reiches war, „sondern weil die Apostelfürsten in ihr das Martyrium erlitten haben und ihre Gräber immer gepflegt und verehrt worden sind“. Daran erinnerte P. Federico Lombardi SJ, Leiter des Presseamtes des Heiligen Stuhls, in der letzten Ausgabe von „Octava Dies“, jener informativen Fernsehsendung, die jede Woche vom Vatikanischen Fernsehen ausgestrahlt wird.

Lombardi kommentierte die neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse rund um das Paulusgrab, die allgemein eine „verständliche Begeisterung“ hervorgerufen hätten. Papst Benedikt XVI. hatte am 29. Juni während der Vesper zum feierlichen Abschluss des Paulusjahres eine Sensation verkündet: den Fund von Knochenresten, die rund 2000 Jahre alt seien. Diese Entdeckung scheine „die einmütige und unbestrittene Überlieferung zu bestätigen, der zufolge es sich um die sterblichen Überreste des Apostels Paulus handelt“, so Papst Benedikt.

Lombardi zog eine Parallele zwischen dem jüngsten Knochenfund im Sarkophag des Völkerapostels und den archäologischen Ausgrabungen unterhalb des Petersdoms, „mit denen, ohne eine Spur des Zweifels zu lassen, bestätigt werden konnte, dass sich genau unter dem Hauptaltar in der alten Vatikanischen Nekropolis das Grab des Apostels Petrus befindet“.

Auch wenn die Reliquienverehrung heute nicht mehr so modern sei, seien die Gräber und Wirkstätten „derer, die uns vorangegangen sind, und ganz besonders die der Heiligen, für das Verständnis unseres Verwurzeltseins in der lebendigen Tradition des Glaubens von großer Bedeutung“, hob P. Lombardi hervor.

„Petrus und Paulus, Fels und Licht der Verkündigung, diese Jünger Jesu, die so verschieden waren, aber sich in gewisser Weise auch ergänzten, ziehen nach wie vor unsere Aufmerksamkeit auf sich und lenken unsere Schritte nach Rom ‚ad limina Apostolorum'“ – zu den Schwellen der Apostelgräber. In gewisser Weise lebten die Apostelfürsten somit auch heute noch unter den Menschen, um ihnen Orientierung zu bieten, sie zu inspirieren und im Glauben zu stärken.

 

6.7.2009:

Kardinal enthüllt weitere Details zum Jahrtausendfund

Wird jetzt die DNA der Paulusgebeine untersucht?

Der Vatikan will derzeit keine Pläne für die weitere Erforschung des Paulus-Sarkophags in der Basilika San Paolo fuori le Mura bekanntgeben. "Es gibt noch kein konkretes Projekt; wir sehen an dem Tag weiter, an dem der Papst entscheidet, mit der Analyse weiterzumachen", sagte Kardinal Andrea Cordero Lanza di Montezemolo, der bisherige Erzpriester von San Paolo fuori le Mura, vor Journalisten im Vatikan. Wenn Benedikt XVI. die entsprechende Erlaubnis erteile, könne man auch eine DNA-Untersuchung an den gefundenen Knochenresten vornehmen.

Cordero Lanza di Montezemolo äußerte sich bei der Vorstellung erster Untersuchungsergebnisse des Sarkophags von San Paolo fuori le Mura. Vor den Journalisten wurden erstmals Bilder aus dem Inneren des antiken Steinsargs präsentiert. Die Aufnahmen zeigen Reste von golddurchwirktem Purpurgewebe, indigofarbenem Wollstoff, Weihrauchkörner und Knochenpartikel. Die Bilder wurden mit Hilfe einer endoskopischen Kamera durch eine wenige Millimeter große Öffnung des Sargdeckels aufgenommen.

Die wichtigste Erkenntnis sei, dass alle Befunde mit der Tradition des Apostelgrabes in Einklang stehen und ihr nicht widersprechen, sagte der Kardinal. Der leitende Techniker der Untersuchungen, Ulderico Santamaria, bestätigte die C-14-Datierung einer entnommenen Knochenprobe auf das 1. oder 2. Jahrhundert. Genauere Hinweise auf die Identität des Bestatteten konnte der Chef des diagnostischen Labors der Vatikanischen Museen nicht vorlegen.

Laut Santamaria gibt es aufgrund der verwendeten Technik und der beschränkten Ausleuchtungsmöglichkeiten noch keine Übersichtsaufnahme aus dem Sarkophag. So wisse man nicht welchen Skelett-Teil das frei hängende Endoskop getroffen habe. Unklar sei auch, ob möglicherweise die Gebeine mehrerer Toter in dem Sarg ruhen. Santamaria sagte, die bisher gewonnenen Daten würden in keiner Weise dem widersprechen, "was am wahrscheinlichsten ist - dass es sich um die Überreste des Apostels handelt".

Die Analysen der Materialproben wurden laut Santamaria unter der Regie der Vatikanischen Museen durchgeführt. Man habe mit zahlreichen materialwissenschaftlichen Fachlabors zusammengearbeitet, sagte er auf eine Frage nach der Unabhängigkeit der Untersuchungen. Die beteiligten Fachkräfte hätten nicht gewusst, woher das Material stamme.

 

Renate Pillinger zum Paulusgrab

In der österreichischen Tageszeitung "Der Standard" wurde jetzt auch die Entdeckerin der Paulusgrotte von Ephesus zu den Meldungen über das Paulusgrab befragt. Völlig zurecht warnt die Archäologin dabei vor falschen Superlativen, was die Entdeckung des Paulusportraits in der Thekla-Katakombe betrifft. Es ist gewiss eines der ältesten Bilder des Völkerapostels - aber es als "das Älteste" zu bezeichnen ist schon etwas gewagt.   

http://derstandard.at/fs/1245820487922/Fund-Paulus-Grab-bestaetigt-historische-Forschungen

 

2.7.2009:

Klaus Berger zum Paulusgrab

In einem Interview mit Paul Badde von der WELT äußerte sich jetzt auch der bekannte Theologe Prof. Dr. Klaus Berger zur Entdeckung des Paulusgrabes. Dabei erklärte er zur momentanen Debatte um die Echtheit der Apostelgebeine:

"Es gibt seit rund 200 Jahren einen grundsätzlichen Betrugsverdacht gegen die Überlieferung, der manchmal in eine fast schon absurde Verachtung der Tradition umschlägt, wie eben hier, wo fast 2000 Jahre lang selbstverständlich davon ausgegangen wurde, dass Paulus eben dort begraben lag. Wie soll man das erklären? Oft wischt man vor allem das weg, was einem gefährlich nahe kommt. Eine merkwürdige Wut gegen die Tradition wird auch oft dadurch genährt, dass geahnt wird, dass sie Verbindlichkeiten für die Menschen enthält. Dass sie Wahrheiten verkündet, die bis ins erste Jahrhundert zurück reichen, die heute keiner mehr akzeptieren mag . Dann mit solchen Wurzeln einer Wahrheit ist es schwieriger, diesen Verbindlichkeiten einfach auszuweichen. Im Fall des Paulusgrabes ist manche Wut gegen diese Entdeckung also auch oft ein weiteres Indiz für die Bedeutung dieser Funde - und für die Bedeutung der Tradition überhaupt."

Das Interview in vollem Wortlaut: http://kath.net/detail.php?id=23340

 

1.7.2009:

Die große Kontroverse: Sind es tatsächlich die Gebeine des Apostels?

Die deutsche Archäologin Carola Jäggi hat bezweifelt, dass sich die Knochenfunde im Paulusgrab in Rom je wissenschaftlich eindeutig dem Apostel zuordnen lassen. "Wir haben von Paulus keine DNA, wir haben nichts, was wir vergleichen können", sagte die Lehrstuhlinhaberin für Christliche Archäologie und Kunstgeschichte an der Universität Erlangen der "Nürnberger Zeitung" (30. Juni). Deshalb sei es ihr schleierhaft, wieso der Fund als Sensation bezeichnet werde. "Denn dass in einem Sarg Knochen liegen, gehört sich für ein Grab."

Anhand von Einzelknochen im Beckenbereich lasse sich lediglich beweisen, dass es sich um einen Männerknochen handle, so die Wissenschaftlerin. Mit Radiokarbon könne unter Umständen zudem nachgewiesen werden, dass die Funde aus dem ersten oder zweiten nachchristlichen Jahrhundert stammten. Es könnten jedoch die Gebeine irgendeines Mannes aus jener Zeit sein.

 

 

Ganz anders beurteilt der deutsche Historiker Michael Hesemann, Autor des Bestsellers "Paulus von Tarsus. Archäologen auf den Spuren des Völkerapostels", den Fall. "Dass Paulus in Rom das Martyrium erlitt ist seit Ende des 1. Jahrhunderts bezeugt, von seinem Grab an der Via Ostiense berichten Quellen aus dem 2. Jahrhundert", kommentierte er heute die Meldungen aus Rom. "Tatsächlich war die römische Tradition so eindeutig, dass Kaiser Konstantin der Große einen römischen Friedhof überbauen ließ, als er für Paulus eine Memorialbasilika stiftete. Das wurde von den Römern als schwere Störung der Totenruhe, als Sakrileg, verstanden. Er muss also sehr gewichtige Gründe gehabt haben, um diesen Platz zu wählen. Es ist absurd, zu glauben, er hätte diesen Aufwand über dem Grab eines anonymen Sklaven oder aufgrund irgendeiner frommen Spekulation betrieben." 

Natürlich, so Hesemann, sei es unmöglich, die Echtheit der Paulus-Gebeine durch eine DNA-Probe zu beweisen. Trotzdem, erklärte der Historiker, gäbe es eine Reihe von Kriterien, die für eine zukünftige Untersuchung der Knochen relevant wären.

Hesemann: "Wir wissen jetzt schon einmal, dass er im 1. Jahrhundert lebte, was zumindest nicht gegen eine Identifikation mit Paulus spricht. Der Tote muss dann natürlich ein Mann gewesen sein, der im Alter von 55-59 Jahren eines unnatürlichen Todes starb - er wurde geköpft. Aus seinen Selbstbeschreibungen, aus der frühchristlichen Ikonografie und aus den Apostelromanen des 2. Jahrhunderts wissen wir, dass Paulus klein und schmal war, also von feinem Knochenbau. Er hat nie schwere körperliche Arbeit gekannt, zum Broterwerb war er als Zeltmacher tätig, übte also ein leichtes Handwerk aus. Er berichtet von häufigen Krankheiten, wahrscheinlich litt er unter einer Form der Malaria. Für die forensische Anthropologie liegt also ein ziemlich klares Profil vor."

Auch eine DNA-Untersuchung könnte weitere Indizien liefern, glaubt der Historiker: "Paulus hinterließ zwar keine Nachkommen, aber wir wissen, dass er ein Jude aus dem Stamme Benjamin war - entfernte Verwandte könnte es also durchaus geben."  

Hesemann: "Wenn diese Kriterien erfüllt sind, kann mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit gesagt werden, dass es Paulus war. Ist auch nur eine dieser Bedingungen nicht erfüllt, sind Zweifel angebracht. Bislang aber bin ich zuversichtlich."

Weitere Berichte und Kommentare:

DIE WELT: http://debatte.welt.de/leserbriefe/98/vermischtes/140087/unangebrachte+skepsis

KATH.NET: http://kath.net/detail.php?id=23329

WIENER ZEITUNG: http://www.wienerzeitung.at/DesktopDefault.aspx?TabID=3937&Alias=wzo&cob=423310

GREWI AKTUELL: http://grenzwissenschaft-aktuell.blogspot.com/2009/07/kontroverse-um-apostelgrab-handelt-es.html

 

 

29.6.2009 - Fest St. Peter & Paul, Abschluss des Paulusjahres 2008/9:

Bei der Abschlussmesse des Paulusjahres: Der Papst betet am Grab des Völkerapostels

Weltsensation: Benedikt XVI. gibt Öffnung des Paulusgrabes bekannt! 

In der römischen Basilika Sankt Paul vor den Mauern gab Papst Benedikt XVI. gestern Abend feierlich eine archäologische Sensation bekannt.

Anlässlich des Paulusjahres sei der Sarkophag unter dem Hauptaltar gründlich untersucht worden, erklärte der Papst bei der Abschlussmesse des Paulusjahres. „In den Sarkophag, der in all den Jahrhunderten nie geöffnet wurde, wurde eine winzige Öffnung gebohrt und eine Spezialsonde eingeführt.“ Mit ihr habe man Spuren von einem kostbaren purpurfarbenen Leinenstoff mit Gold-Auflagen gefunden. Nachgewiesen wurden auch ein blaues Gewebe mit Leinenfäden, roter Weihrauch sowie kalk- und eiweißhaltige Substanzen. Außerdem seien winzige Knochenreste von Experten, die ihre Herkunft nicht kannten, einer Carbon-14-Untersuchung unterzogen worden. Sie ergab nach Darstellung des Papstes die Zugehörigkeit zu einer Person, die „zwischen dem ersten und zweiten Jahrhundert lebte“.

„Das scheint die einmütige und unwidersprochene Tradition zu bestätigen, dass es sich um die sterblichen Überreste des Apostels Paulus handelt“, sagte der Pontifex sichtlich bewegt: „Die Entdeckung berührt uns zutiefst“.

Der Papst zog eine positive Bilanz des Gedenkjahres, das an den 2.000. Geburtstag des Völkerapostels erinnerte. Es habe die herausragende Gestalt und mitreißende Botschaft des Paulus herausgestrichen und damit viele geistige Früchte und Impulse gebracht. An der Schlussfeier nahmen auch eine hochrangige Delegation des orthodoxen Patriarchats von Konstantinopel und Vertreter anderer christlicher Kirchen teil.

Die Papstpredigt im O-Ton auf kath-tube:  http://www.kathtube.com/player.php?id=10940

Der Originaltext des Papstes:

"Das Jahr zum Gedenken an die Geburt des heiligen Paulus geht heute Abend zu Ende.

Wir sind am Grab des Apostels versammelt, dessen Sarkophag, der unter dem päpstlichen Altar aufbewahrt wird, kürzlich einer sorgfältigen wissenschaftlichen Analyse unterzogen worden ist: Im Sarkophag, der in so vielen Jahrhunderten niemals geöffnet worden ist, wurde eine kleine Perforation vorgenommen, um eine besondere Sonde einzuführen, mittels derer Spuren eines kostbaren, mit Purpur gefärbten Leinengewebes, das mit feinstem Gold besetzt ist, sowie eines blauen Gewebes mit Leinenfasern entnommen wurden. Es ist auch das Vorhandensein von roten Weihrauchkörnern sowie von protein- und kalkhaltigen Substanzen festgestellt worden.

Des weiteren hat sich herausgestellt, dass kleinste Knochenfragmente, die von Fachleuten, die deren Herkunft nicht kannten, nach der C-14-Methode [Radiokohlenstoffdatierung] untersucht wurden, von einer Person stammen, die zwischen dem ersten und dem zweiten Jahrhundert gelebt hat.

Das scheint die einstimmige und unbestrittene Tradition zu bestätigen, dass es sich um die sterblichen Überreste des Apostels Paulus handelt.

All das erfüllt unser Herz mit tiefer Bewegung." -
Benedictus PP XVI

 

Den kompletten Text seiner Predigt in deutscher Übersetzung (ZENIT) finden Sie in der Rubrik "Benedikt XVI. zum Paulusjahr" auf dieser website!

Aktueller Bericht von Paul Badde in der WELT - mit zahlreichen Exklusivfotos: http://www.welt.de/kultur/article4024288/Funde-aus-dem-Paulusgrab-entzuecken-die-Christen.html

 Das Paulusgrab, im Zentrum der Sarkophag

Kardinal Montezemolo: Jetzt wird das Paulusgrab geöffnet!

Papst Benedikt XVI. lässt nach dem Fund von Knochenresten im Grab des heiligen Apostels Paulus den Sarkophag unter dem Hauptaltar der römischen Basilika Sankt Paul vor den Mauern öffnen. Dies erklärte der für die Basilika zuständige Kardinal Andrea Cordero Lanza di Montezemolo am heutigen Montag. "Der Heilige Vater wird uns das später gestatten, es wird aber eine lange und heikle Arbeit werden, denn es gilt, auch kleinste Schäden zu vermeiden", meinte Montezemola gegenüber der Zeitung "La Repubblica". Was die in dem Sarkophag entdeckten Stoff- und Knochenreste angeht, "so wussten wir das seit eineinhalb Jahren, aber es oblag allein dem Papst, das zu verkünden".

Diesen Wissensstand hatte der Erzpriester der Basilika Sankt Paul vor den Mauern bis zuletzt erfolgreich verschleiert. Erst am vergangenen Freitag hatte er den Journalisten berichtet, dass die Einführung einer Sonde in den Paulus-Sarkophag an dessen dicken Wänden gescheitert sei. Die Forschungsarbeiten an dem Grab begannen 2002 unter der Leitung vatikanischer Archäologen.

Behauptungen der Presse, das Paulusgrab würde erst seit dem 3. Jahrhundert verortet werden, weist der Historiker Michael Hesemann, Autor des Bestsellers "Paulus von Tarsus", entschieden zurück. Hesemann: "Tatsächlich finden wir den ersten Hinweis in den apokryphen Apostelakten, die Mitte des 2. Jahrhunderts entstanden. Dort ist die Rede von einer Römerin namens Lucina, die den Leichnam des Paulus in ihrem Familiengrab bestattete, 'beim zweiten Meilenstein von Rom auf der Straße nach Ostia'. Um 200 erwähnt der römische Priester Gaius in einem Brief an einen kleinasiatischen Amtsbruder die beiden Apostelgräber Petri und Pauli 'beim Vatikanhügel und auf der Strasse nach Ostia'. Die Verehrung des Paulusgrabes reicht also in die früheste Zeit der römischen Kirche." In seinem vor einem Jahr erschienenen Buch schildert Hesemann die abenteuerliche Entdeckung des Paulus-Sarkophages - und kündigte bereits dessen baldige Öffnung an.  

 

Und er hatte doch recht!

Vor zwei Jahren war der Rom-Korrespondent der WELT, Paul Badde, der Erste, der vermeldete, Papst Benedikt XVI. habe die Genehmigung zur Öffnung des Paulusgrabes erteilt. (Sie finden die Meldung im 1. Paulusjahr-Archiv dieser website). Dabei berief er sich auf eine vertrauliche Insiderinformation. Natürlich wurde die Meldung von vielen seiner Kollegen angezweifelt, Badde wurde gar vorgeworfen, zu viel der römischen Sonne oder des köstlichen römischen Weines genossen zu haben. Andere, darunter Michael Hesemann, wußten, dass man sich auf Badde verlassen kann.

Schließlich hat das gesamte Umfeld von Kardinal de Montezemolo ebenso wie Vatikan-Archäologe Dr. Giorgio Filippi, eine Öffnung entschieden bestritten - und das noch letzte Woche!

Jetzt wissen wir: Badde hatte doch recht. Benedikt XVI. hat die Genehmigung tatsächlich im Juni 2007 erteilt haben, im Winter - nämlich im November 2007, als Michael Hesemann Filippi ausführlich interviewte - fand die Öffnung statt. Alle Beteiligten standen unter Geheimhaltung. Auch Hesemann konnte auf S. 243 seines Buches nur andeuten, was zu diesem Zeitpunkt längst geschehen war...

Baddes Kommentar: http://kath.net/detail.php?id=23319

26.6.2009: 

Kardinal Lanza di Montezemolo, Erzpriester von St. Paul vor den Mauern, am Paulusgrab. Deutlich erkennbar: Die Frontalseite des Apostelsarkophages aus hellrosa Marmor.

 

Wird jetzt das Paulusgrab geöffnet?

Rom. Seit langem besteht die Absicht, den Sarkophag des heiligen Paulus, der unter dem Hauptaltar der Basilika St. Paul vor den Mauern freigelegt wurde, zu öffnen. Der Erzpriester der Päpstlichen Basilika, Kardinal Andrea Cordero Lanza di Montezemolo, erklärte am heutigen Vormittag während einer Pressekonferenz zum Abschluss des Paulusjahres, dass er darüber mit Papst Benedikt XVI. gesprochen habe. Dieser habe es nicht ausgeschlossen, demnächst eine weitergehende Analyse des Sarkophags anzuordnen.

Kardinal Montezemolo erklärte, dass Vorbereitungsarbeiten für eine zukünftige Öffnung des Sarkophages bereits auf Anweisung des Papstes vorgenommen worden seien. Es sei überlegt worden, wie eine eventuelle Öffnung vonstatten gehen könnte. Dabei müsse bedacht werden, dass es sich um ein Objekt handle, das sich seit 2000 Jahren unberührt an seinem Ort befinde und nie geöffnet worden sei.

Eine Öffnung würde viel Arbeit bedeuten, da das Grab enorm groß sei, und sie würde zudem einen teilweisen Abriss des Hauptaltares mit sich bringen. Es sei schwer vorstellbar, eine Öffnung vor Ort vorzunehmen, auch wenn dies nicht ausgeschlossen sei. „Für den Augenblick haben wir zusammen mit dem Papst ausgeschlossen, dies während des Paulusjahres zu tun, das am Montag zu Ende gehen wird.“ Danach stünde weitergehenden Untersuchungen nichts mehr im Wege.

Es sei versucht worden, mit endoskopischen Kameras in den Sarg vorzudringen. Es sei jedoch unmöglich gewesen, da der Sarkophagdeckel 25 Zentimeter dick sei und nichts durchlasse.

Kardinal di Montezemolo wörtlich in RADIO VATICAN:

„Die Öffnung des Paulusgrabes ist machbar - ich habe darüber mit dem Papst gesprochen, der nicht ausschließt, dass man eines Tages eine genaue Analyse vornimmt. Wir haben untersucht, wie man das anstellen könnte. Die Einführung einer Sonde in den Sarkophag ist aus technischen Gründen gescheitert, weil die Wände mehr als 25 Zentimeter dick sind. Der Sarkophag steht seit 19 bis 20 Jahrhunderten dort, und er ist nie geöffnet worden. Für Forscher und Archäologen ist das eine Herausforderung, eine schwierige Sache. Zuerst müsste der Papstaltar, der unmittelbar über dem Grab steht, zerstört und eventuell sogar der Baldachin zur Seite gerückt werden. Der Sarkophag ist riesig, man könnte ihn nicht an Ort und Stelle untersuchen, sondern müsste ihn nach außen schaffen. Ich schließe nicht aus, dass das eines Tages geschieht. Aber mit dem Heiligen Vater haben wir vereinbart, dass man diese Arbeit nicht während des Paulusjahres in Angriff nimmt.“

 

Archäologen legen Paulussarkophag frei

Wird Papst Benedikt XVI. seine Öffnung erlauben?

Die Geschichte der wichtigsten archäologischen Entdeckung des 21. Jahrhunderts begann mit einer Katastrophe, die sich fast zweihundert Jahre zuvor ereignete.

 

Die Nacht vom 15. auf den 16. Juli 1823 war eine der tragischsten in der gewiss nicht undramatischen Geschichte Roms. S. Paolo fuori le Mura („St. Paul vor den Mauern“), eine der vier größten und bedeutendsten Basiliken der Ewigen Stadt, brannte. Was über 1400 Jahren den Ansturm der Barbaren und den Wirren zahlreicher Kriege getrotzt hatte, ein Juwel aus der Zeit der römischen Kaiser, wurde in wenigen Stunden zum Raub der Flammen. Ein unachtsamer Dachdecker hatte das Inferno verursacht, indem er ein Becken mit brennender Holzkohle einem Arbeitskollegen zuwarf, der es ganz knapp verfehlte. Wie Zunder brannte das vierzehnhundertjährige Zedern- und Pinienholz, die Marmorsäulen zerbröselten in der Glut zu Kalk, ehe die römische Feuerwehr eintreffen konnte.

 

Papst Leo XII. (1823-1829) fiel die schwierige Aufgabe zu, den Wiederaufbau der Basilika in Angriff zu nehmen. Das größte päpstliche Bauvorhaben des 19. Jahrhunderts sollte durch die größte Spendensammlung seit dem Bau des Petersdomes finanziert werden. Zu den enormen Geldsummen kamen Sachspenden nicht nur aus den katholischen Ländern. Der russische Zar etwa stiftete kostbare Malachitblöcke, der muslimische Khedive (Vizekönig) von Ägypten schickte vier herrliche Alabastersäulen. Doch erst unter Pius IX. (1846-1878), am 10. Dezember 1854, konnte der Neubau der Paulusbasilika in einer geradezu pompösen Feier eingeweiht werden. 

 

Das Ergebnis der päpstlichen Bemühungen konnte sich sehen lassen. Gelungen ist speziell die mit Goldmosaiken geschmückte Fassade, der ein viereckiger Säulenhof vorgelagert ist. Vier mächtige Palmen verleihen ihm südländisches Flair, eine Marmorstatue des Völkerapostels erinnert an die große Zeit der römischen Bildhauerkunst. Im Innern der Basilika wurden entlang der Längs- und Querschiffe die Portraits aller Päpste angebracht, die Wände sind mit Szenen aus dem Leben des hl. Paulus geschmückt. Zudem wurde die confessio, der vertiefte Vorhof des Paulusgrabes unter dem Papstaltar, neu gestaltet. Befand sich ihr tiefer liegender offener Vorraum ursprünglich hinter dem Papstaltar, wurde er jetzt, dem Vorbild des Petersdomes folgend, davor angelegt. Zu diesem Zweck musste der bisherige Boden der Basilika aufgerissen und ausgeschachtet werden. Dem Architekten Virgilio Vespignani bot sich damals eine einmalige Gelegenheit boten, auch das Grab des hl. Paulus zu erforschen.

 

  

Eine uralte Tradition

 

Die erste Nachricht von einer Verehrung des Apostelgrabes verdanken wir einem römischen Priester namens Gaius aus dem späten 2. Jahrhundert. „Ich kann dir die Grabmäler der (beiden) Apostel zeigen“, schrieb er an einen Proklos aus Kleinasien, „denn wenn du zum Vatikan gehen willst oder auf die Straße nach Ostia, so wirst du dort die Grabmäler derer finden, die die römische Kirche gegründet haben.“ Noch zu Anfang des 4. Jahrhunderts, also vor der Errichtung der beiden Basiliken über dem Petrus- und Paulusgrab, betonte der Kirchengeschichtler Eusebius, dass „Paulus eben in Rom unter Nero enthauptet und Petrus gekreuzigt (wurde). Dieser Bericht wird bestätigt durch die noch heute erhaltenen Namen Petrus und Paulus in den römischen Coemeterien (Friedhöfen).“ Beide Gräber mussten also auf einem Friedhof oder Gräberfeld gelegen haben; das eine am Hang des vatikanischen Hügels, das andere an der antiken Via Ostiense.

 

Der Tradition nach wurde der hl. Petrus gekreuzigt. Paulus, als römischer Bürger, hatte das Privileg eines schnellen und schmerzlosen Todes. Er wurde geköpft; der Überlieferung nach an den „Wassern der Salvier“ (Aquae Salviae) vor den Toren Roms, die heute Tre Fontane („Drei Quellen“) heißen und in deren Nähe sich einst ein Landgut des Kaisers Nero befand. Der nächste Friedhof lag rund 2,7 Kilometer entfernt an der Straße, die Rom mit seinem Hafen Ostia verband und parallel zum Tiber verläuft. Noch heute findet man seine Überreste in der Grünanlage, die der Paulusbasilika vorgelagert ist. Sie wurden in den Jahren 1917/18 freigelegt. Der Friedhof, so stellten die Archäologen fest, war ohne Unterbrechung zwischen dem 2. Jahrhundert v.Chr. und dem 4. Jahrhundert n.Chr. benutzt worden. Dass man das Apostelgrab inmitten eines heidnischen Gräberfeldes lokalisierte, spricht für die Authentizität der Tradition. Erst im frühen 2. Jahrhundert war die christliche Gemeinde groß genug, um eigene Friedhöfe unterhalten zu können, nämlich die Katakomben an der Via Appia. „Demnach muss der Ursprung dieser Überlieferung sehr alt sein“, schlussfolgerte der Vatikan-Archäologe Prof. Dr. Engelbert Kirschbaum S.J. in seinem Klassiker Die Gräber der Apostelfürsten: „Er ist noch vor dem Entstehen der christlichen Katakomben anzusetzen ... Eine spätere Zeit hätte gerade die Gräber der Apostel in christlichen Coemeterien gesucht.“ 

 

Die Überlieferung muss so eindeutig gewesen sein, dass Kaiser Konstantin der Große im Jahre 324, als die Mehrheit der Römer noch Heiden waren, nicht zögerte, einen nach ihrem Glauben unverzeihlichen Frevel zu begehen: Er überbaute einen Teil dieses Friedhofs. Den Römern waren ihre Gräber, war die Ruhe der Toten heilig. Wenn überhaupt, dann konnte nur ein Kaiser es wagen, sie zu verletzen; jedem anderen drohte die Todesstrafe. Doch eben hier, inmitten der ostiensischen Nekropole, ließ er die erste Paulus-Basilika errichten.

 

 

Die geheimnisvolle Marmorplatte

 

Als der Architekt Vespignani 1838 im Bereich des Papstaltares Ausschachtungen durchführte, um die confessio der Basilika neu zu gestalten, stieß er auf Spuren dieser frühesten Anlage. Wie es scheint, ist das Grabmonument des hl. Paulus an drei Seiten von einem sehr alten Eisengitter umgeben. An der vierten Seite befinde sich eine Ziegelmauer im altrömischen opus reticulatum-Stil. Auf ihr liegt eine Marmorplatte, in die der Name Paulo eingraviert war. Sie wird ergänzt durch eine zweite Marmorplatte mit dem Rest der Inschrift: Apostolo Mart(yri) – „Apostel und Märtyrer“. Zusammen bilden sie noch heute den Boden des Grabaltars. Die Inschriften waren ein deutlicher Hinweis darauf, dass unter den Platten das historische Paulus-Grab liegen mußte. Die opus reticulatum–Mauer mit Ziegelverzahnung stammte zweifelsfrei au der Zeit vor dem 2. Jahrhundert und war offenbar Teil einer antiken Grabanlage. Also erhob sich der Papstaltar über einem Grab aus dem 1. Jahrhundert, das von den konstantinischen Architekten herausgehoben und durch ein Gitter umschlossen wurde. Auf einem grob gemauerten Unterbau befand sich eine Art Podest. Auf diesem Sockel, so spekulierte Kirschbaum schon 1957, muss einst der Sarg  des Völkerapostels gestanden haben. Fast ein halbes Jahrhundert lang beließ man es bei dieser Spekulation, bis schließlich die wissenschaftliche Neugierde siegte.

 

Den Anlass bot das Heilige Jahr 2000, als auch St. Paul vor den Mauern seine Heilige Pforte geöffnet hatte und buchstäblich Millionen Pilger aus aller Welt in die Basilika strömten. Immer wieder wurden ihre Priester und das Ordnungspersonal mit zwei Fragen bedrängt, auf die bislang niemand eine zufriedenstellende Antwort geben konnte: Liegt denn der hl. Paulus tatsächlich unter dem Hochaltar begraben? Wenn man es nicht weiß – warum schaut man nicht einfach nach? Der Verwalter der Basilika, bis zum moto proprio Benedikts XVI. aus dem Jahre 2005 der vatikanische Administrator Erzbischof Francesco Gioia, musste etwas unternehmen, um mit konkreten Antworten aufwarten zu können. So wurde 2002 der Vatikan-Archäologe Giorgio Filippi mit archäologischen Untersuchungen beauftragt, die allerdings so dezent abzulaufen hatten, dass sie den Pilgerbetrieb in der Basilika nicht störten. Drei Jahre lang musste man es bei Stichproben belassen: Hier und dort wurde eine Marmorplatte aus dem Boden gehoben, kratzte man sich bis zu einem Meter in die Tiefe. Eine „Tastgrabung“ nennen das die Archäologen. Doch was man schon bei diesem vorsichtigen Herantasten entdeckte, war so spektakulär, dass es in vielen Punkten ein völlig neues Licht auf die Geschichte der Basilika wirft.

 

So zeigte sich durch Mauerfunde, die Überreste einer Apsis unmittelbar vor der heutigen confessio, dass die ursprüngliche, von Konstantin dem Großen errichtete, Paulus-Basilika nicht nur sehr klein, sondern zudem nach Westen ausgerichtet war. Die alte confessio war also im Osten des Apostelgrabes angelegt worden, damit die Pilger, die von der Via Ostiense aus die Kirche betraten, sie direkt erreichen konnten.

 

Doch nach nur sechs Jahrzehnten war schon ein Neubau nötig. Das Christentum war mittlerweile zur Staatsreligion erklärt worden, die alte Kirche platzte jetzt unter dem Ansturm der Pilger aus allen Nähten. Zudem hatte ihr die jährliche Tiberflut arg zugesetzt. So beauftragten das damals herrschende Triumvirat, die Kaiser Valentinian II., Theodosius und Arcadius, im Jahre 386 ihre Architekten damit, „das Gotteshaus zu erweitern“ und höher zu legen, um zu vermeiden, dass sie weiterhin jedes Frühjahr unter Wasser stand. Da im Osten ein Hügel im Wege war, konnte sie nur nach Westen hin ausgedehnt werden.  Damit das Apostelgrab nicht im Eingangsbereich lag, wurde gleich die ganze Basilika um 180 Grad gedreht. Die Fläche der bisherigen konstantinischen Basilika wurde von den kaiserlichen Architekten zu einem großzügig gestalteten Altarraum umfunktioniert, während sie den Eingang um ganze 180 Meter nach Westen verlegten und damit einen gigantischen Innenraum schufen. Ganze zwölfhundert Jahre lang, bis zum Neubau des Petersdomes, war St. Paul vor den Mauern die größte Kirche der Christenheit. Nur die Lage der confessio, die man aus Respekt bis ins 19. Jahrhundert nie verlegte, zeugte noch von ihrem bescheidenen Vorgängerbau.

 

Nach nur vierjähriger Bauzeit war das Meisterwerk vollendet. Gnadenlos hatte man dazu die heidnischen Tempel Roms geplündert, die Theodosius zuvor schließen ließ. Ein Satz weißer Marmorsäulen mit violettblauen Adern stammte aus dem Mausoleum des Kaisers Hadrian, der heutigen Engelsburg. Doch auch Elemente der alten Basilika fanden eine neue Verwendung; darunter, wie es scheint, auch die beiden Marmorplatten mit den Aufschriften Paulo und Apostolo Mart(yri).

 

 Reproduktion der Marmorplatte

 

Wenn man heute das Gitter unter dem Papstaltar öffnet, sieht man im Halbdunkel, wie sie, dem Pilger zugewandt, übereinander auf dem Boden liegen. Dabei wirken sie verwirrend asymmetrisch; die obere Platte bedeutend breiter als die untere. Doch als Vespignani sie aus ihrer Verankerung befreite, musste er feststellen, dass sie beide gleich breit waren. Nach Kirschbaum bildeten sie einst die Längs- und Querseite eines Grabhauses von 1,92 Metern Breite und 2,55 Metern Länge. Der verwendete Dativ – Paulo statt Paulus – deutet eher auf eine Widmung hin; eine einfache Grabinschrift hätte im Nominativ gestanden. Laut Kirschbaum könnte auf den verbleibenden beiden Seiten Constantinus Augustus und fecit gestanden haben: Dem Apostel und Märtyrer Paulus von Kaiser Konstantin errichtet! Die Unregelmäßigkeit der Buchstaben und ihr leichtes Ansteigen lassen darauf schließen, dass sie nachträglich eingemeißelt wurden, als die Marmorplatten bereits an der Außenwand des Schreins befestigt waren; vielleicht beim letzten Rombesuch des längst im Osten residierenden Kaisers im Jahre 326.

 

 

Spektakulär wie ein neues Pharaonengrab

 

Doch was befand sich in dem Grabhaus, das im Zentrum der damals weltgrößten Kirche stand? Was musste durch die eigenartige Vergitterung, die Vespignani entdeckte, einerseits geschützt, andererseits sichtbar gemacht werden? Kirschbaum war sich schon 1956 sicher, ohne dafür den geringsten Beweis zu haben: „Der Sarg des Apostels Paulus lag im Gegensatz zum Grabe des heiligen Petrus über der Erde und blieb als solcher sichtbar, musste aber dann entsprechend geschützt werden.“

Dieser Satz hätte eigentlich zwei Generationen von Vatikan-Archäologen hellhörig machen müssen, doch die Mühlen der Ewigen Stadt mahlen langsam. Erst ein halbes Jahrhundert später, zu Beginn des dritten Jahrtausends, konnte das Geheimnis gelüftet werden. So erfuhr die Weltöffentlichkeit am 11. Dezember 2006 schließlich von einem Jahrtausendfund. 

 

Im Juni 2005 hatte Giorgio Filippi endlich die Genehmigung erhalten, die Marmorabdeckung mit der Paulo-Inschrift zu entfernen und darunter zu suchen. Als er sich etwa 40 Zentimeter tief durch das antike Füllmaterial grub, stieß er auf einen massiven Block aus rosafarbenen, unbearbeiteten Marmor. Der Block ist hohl, soviel konnte er feststellen. Er ist 2,55 Meter lang, 1,25 Meter breit und 0,97 Meter hoch. Es handelt sich um einen antiken Sarkophag. An seiner Oberseite befand sich ein zehn Zentimeter breites, später verplombtes, Loch. Solche Öffnungen dienten in der Antike dazu, Duftstoffe in den Sarg zu gießen, was der Verehrung des Toten galt. Man konnte dadurch aber auch Stoffstreifen, sogenannte brandeae, einführen, die von den Gläubigen als Berührungsreliquien verehrt wurden und denen man Wunderkräfte zuschrieb. Erst zu einem späteren Zeitpunkt wurde das Loch mit Mörtel verschlossen.

 

Nur das Grab des Völkerapostels konnte so leidenschaftlich verehrt worden sein. Alle Wahrscheinlichkeit nach befinden sich seine Gebeine noch immer in dem rosafarbenen Marmorsarg. Zumindest ist sicher, dass er seit über 1600 Jahren nicht geöffnet wurde; zu fest ist er eingebacken in das Füllmaterial des alten Sockels aus der Drei-Kaiser-Basilika, versiegelt durch die Marmorplatte, die seinen Namen trägt. Seit dem 4. Jahrhundert steht er an dieser Stelle, vielleicht noch länger. Seine schlichte Schmucklosigkeit passt auch zur vorkonstantinischen Zeit, obwohl Filippi versichert, er sei erst unter Theodosius auf einen erhöhten Untergrund gestellt worden.  

 

„Die Entdeckung eines neuen Pharaonengrabes könnte für das abendländische Europa nicht bedeutsamer sein“, kommentierte der Vatikan-Journalist der Welt, Paul Badde, den Jahrtausendfund. Doch genau wie Howard Carter, der Entdecker des Tutenchamun-Grabes, auf seinen Geldgeber Lord Carnavon aus England wartete, bevor er die Grabkammer öffnete, gibt sich auf Giorgio Filippi gelassen. „Ich bin nicht neugierig“, versichert er mir, als ich ihn im November 2007 interviewte: „Ich habe meine Arbeit getan. Andere müssen entscheiden, was jetzt weiter zu geschehen hat.“ Bis dahin trennt ihn nur noch ein Mörtelpropfen von den Reliquien des Mannes, der die Welt so viel grundlegender veränderte als jeder Pharao.

 

In nicht allzu ferner Zukunft soll der rosafarbene Marmorsarkophag sein letztes Geheimnis preisgeben. Es ist geplant, den Mörtelpfropfen zu entfernen und durch das Loch eine endoskopische Sonde einzuführen, mit der im Innern des Paulussarges Aufnahmen gemacht werden können. Sie ermöglichen es den Experten, sich einen Eindruck vom Zustand der Apostelreliquien zu verschaffen. Erst danach ließe sich zweifelsfrei sagen, dass der Tote, der in dem rosafarbenen Marmorsarkophag bestattet wurde, tatsächlich der Völkerapostel ist.

 

(Quelle: Michael Hesemann. Paulus von Tarsus. Archäologen auf den Spuren des Völkerapostels. Augsburg 2008)

 

Rückblick: 

28.6.2007:

Paul Badde, "DIE WELT":

"Papst ordnet Öffnung des Paulusgrabes an"

Zuverlässigen Quellen zufolge hat Papst Benedikt XVI. grünes Licht gegeben für eine Untersuchung vom Innenraum des Paulusgrabes in der Basilika „Sankt Paul vor den Mauern“.

Dort wurde die Position vom Steinsarg des Völkerapostels seit dem Jahr 390 nicht mehr verändert. Im Deckel dieses Sarkophags werden Archäologen des Vatikans bald einen Mörtelpfropfen entfernen, mit dem der Sarg schon in der Spätantike verschlossen wurde.

Eine endoskopische Sonde soll danach Bilder über den Inhalt zu Tage fördern, von denen noch keiner zu sagen weiß, was sie enthüllen werden. Die spektakuläre Entscheidung des Papstes fiel aus Anlass des Paulus-Jahres, das am Vorabend des Peter-und-Paul-Festes am 29. Juni mit einer Vigilfeier in der Basilika für das Jahr 2008 bis 2009 verkündet wurde.

Der Archäologe Dr. Giorgio Filippi, der das Grab seit Jahren wieder teilweise freigelegt hat, hält sich noch bedeckt. Mindestens „bis zum September“ will er sich zu der Angelegenheit nicht mehr äußern. Bis dahin kann sich viel ereignen.

 

 

 





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